Zahlen wir bald eine Web 2.0 Künstlerabgabe?
Foto: Bin ich nun Fleischer, Künstler oder ein Publizist???
Von unserem Verband sind wir angeschrieben worden, dass die Deutsche Rentenversicherung derzeit Betriebe im gesamten Bundesgebiet auffordert, Auskünfte über im Betrieb tätig gewesene „Künstler“ zu erteilen. Unter Künstler werden u.a. Webdesigner, Fotografen, externe Designer, Grafiker, Layouter, Disk-Jockeys etc. gesehen. Weiter gehören auch Publizisten in diese Gattung, die journalistisch [...oder in anderer Weise] tätig waren. Gehören damit auch Blogbeiträge zu den Künstlern?
Die Rentenversicherung fordert diese Auskünfte an, um nach erteilter Auskunft eventuell die Beiträge für die Künstlersozialkasse nachzufordern, in der „Künstler“ pflichtversichert sind. Die Angabe wird allerdings nur für selbstständige „Künstler“ fällig. Jedoch können auch die Auftraggeber eines „Künstlers“ zur Abgabe herangezogen werden. Anders wird der Fall beurteilt, wenn z.B. ein Webdesigner mit der auch nur einmaligen Erstellung einer Homepage aber der anschließenden Pflege der Homepage beauftragt wird. Die Rentenversicherung geht in so einem Fall von einem „Dauerverhältnis“ – also nicht nur von einer gelegentlichen Beauftragung – aus, was dann wieder zu einer Abgabepflicht führen würde.
Wer eine Abgabepflicht hat, können sie hier lesen! (U.a. für Werbung und Öffentlichkeit für Dritte) Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Zwecke ihres eigenen Unternehmens betreiben, sind ebenfalls abgabepflichtig, wenn sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilen. Zu den Abgabepflichten zählen damit alle verkauforientierten Unternehmen, die regelmäßig Aufträge an Künstler und Publizisten erteilen. (Für Geschäftsberichte, Kataloge, Prospekte, Zeitungsartikel, Vorträge usw.)
Man darf auch zahlen, wenn Unternehmen Leistungen von Künstler/Publizisten in Anspruch nehmen, um damit Umsätze zu erzielen.
Wenn ich das so lese kommen mir starke Zweifel, ob ich als Blogger nun Künstler, Publizist oder nur ein Verrückter bin. Denn sie wissen ja: „Durch die Kunst des Fleischers, kommt das Schwein in edelste Kreise!“
Am 8. November 2007 um 15:52 Uhr
Also Ludger, wenn ich mal positiv davon ausgehe, dass du daselbst die Postings hier schreibst, dann mach dir mal keine Sorgen. Dann bist du Metzger mit eigenem Blog. Also nur ein ganz normaler Verrückter.
Ich hab heute übrigens auch diesen Brief von der Rentenversicherungsanstalt bekommen. Woran man sieht, ich bin doppeltgemoppelt. Ich “verursache” durch meine Leistungen meinen Kunden solche Abgaben, bin aber auch selbst abgabepflichtig. Ja, das Leben ist schon hart und teuer.
Aber auf die Einrichtung der KSK selbst, da lass ich nix kommen.
Im Übrigen ist das alles ja nix Neues. Es hat sich nur nie jemand drum gekümmert und die Öffentlichkeitsarbeit der KSK ist eine Katastrophe.
Am 8. November 2007 um 18:43 Uhr
LOL ROFL LOL….
Nu, welches Schweinderl hätten wir denn gern?! Ja, Loui, was bin ich denn?! Heiteres Raten: Ärztin, Heilkünstlerin, Künstlerin, Publizistin oder Quotenfreak?! Glücklicherweise hat Biggi uns ja beruhigt…
So muß ich mich nur noch Fragen, “wer oder was wohl durch die Kunst der Ärztin in die edelsten Kreise gelangt” …
Am 8. November 2007 um 22:35 Uhr
@Bigi,
Frage: Wie könnte die Sache aussehen, wenn ich als Gastblogger tätig bin??? Mir kann hier nichts passieren, aber wenn ich ein Link setze und von den Leistungen anderen profitiere…[könnte]
Spannend oder?
@Sarah,
Du bist ALLES in Personalunion! (und das meine ich wirklich so!!!) – obwohl Quotenfreak passt nicht zu Dir! Dazu bist Du zu ehrlich!
“Durch die Kunst der Ärztin, bleibt der Mensch bei Geist und erfreut sich in einem erlesenen Kreis!”
Am 9. November 2007 um 06:29 Uhr
Als Werbeagentur waren auch wir über die Forderung der KSK an unsere Kunden überrascht. Auch viele der Kollegen in Fachforen zeigten sich verblüfft und es ergab sich ein großes Durcheinander, weil es anscheinend an einer ausführlichen Informationspolitik der KSK, anderer Berufsverbände und auch z. b. der IHK fehlt. Deshalb habe ich etwas recherchiert. Hier die Fakten:
Auch große Unternehmen wurden von den Forderungen der KSK überrascht. Der aktuelle Fall RTL/Bohlen belegt dies.
Die KSK ist keine Versicherung sondern eine BEHÖRDE und grundsätzlich gesehen ist sie sicher eine gute Einrichtung. Ursprünglich wurde sie für ärmere “echte” Künstler eingerichtet, die sich mit günstigen Sozialversicherungsbeiträgen absichern können. Der “Arbeitgeberanteil” wird von der KSK (also vom Steuerzahler) bezahlt.
Für uns Werbeagenturen besteht KEINE Zwangsmitgliedschaft. Aber, Designer werden willkürlich als Künstler eingestuft. Grund: Noch bis vor 1,5 Jahren lehnte die KSK z. B. Webdesigner, die sich günstig versichern wollten, rigoros ab. Es wurde argumentiert, Webdesigner, Grafiker, Texter, Fotojournalisten seien keine Künstler. Dann erfolgte ein Urteil des Bundessozialgerichtes, nach dem die KSK eine Webdesignerin als Künstlerin anerkennen und aufnehmen musste.
(Das führt übrigens dazu, dass nun auch selbst für Trauerredner Abgaben an die KSK zu zahlen sind.)
Auch jene unserer Kunden müssen zahlen, die einen nicht bei der KSK versicherten Texter oder Designer engagieren. Die Abgabe bezieht sich also nicht nur auf Leistungen von Freiberuflern. Hierzu ein Beitrag der “Allianz Deutscher Designer”:
Es gibt keinen Unterschied bei den Abgaben für Kreative in unterschiedlichen Gesellschaftsformen. Entgegen anders lautenden Behauptungen ist nicht nur für freiberufliche Gestalter eine Abgabe an die KSK fällig; der Auftraggeber muss immer Abgaben bezahlen – auch für Gestalter, die in einer GmbH, einer Limited oder AG beschäftigt sind. Entweder er zahlt seine Abgabe (5,1 % in 2007) für die künstlerische/publizistische Leistung direkt an die KSK oder die GmbH entrichtet die Abgabe für ihn und wird sie entsprechend (4,9 % in 2008) in ihre Vergütungen einkalkulieren. Das Bundessozialgericht hat zwar festgestellt, dass eine juristische Person keine Kunst produzieren kann, folglich ist die Zahlung an die GmbH keine Zahlung an einen Künstler. In der GmbH sind aber Künstler angestellt (z.B. geschäftsführende Gesellschafter), ergo unterliegt das Gehalt der Abgabepflicht und muss von der GmbH an die KSK gemeldet werden!
Wir, als Werbeagentur, erhalten nichts von der KSK und sind in keiner Weise Nutznießer. Wir sind selbst verpflichtet, beim Einsatz von künstlerischen Subunternehmern die Abgaben zu leisten.
Es entsteht meiner Ansicht nach eine große Ungerechtigkeit. Ich persönlich würde es als gerechter empfinden, wenn nicht unsere Kunden diese Abgabe zu zahlen hätten, sondern nur die KSK-Mitglieder verpflichtet wären, diese Abgaben selbst einzutreiben.
Noch größer wirkt sich die Tatsache aus, dass die KSK rückwirkend bis 2002 die Abgaben von allen Unternehmen einfordern will. (Obwohl erst seit 1,5 Jahren nahezu alle Kreative als Künstler bei der KSK fungieren.)
Schuld an der Misere ist wieder einmal fehlende Öffentlichkeitsarbeit, die unvollständige Diskussion über Gesetze und Verordnungen in der Öffentlichkeit (und eventuell die Steuerberater, die das Faktum vielleicht hätten wissen müssen?).
Möglicherweise erhält man in Berlin auf diese Weise nun die Gelegenheit, die bisher geplünderten Rentenkassen wieder aufzufüllen?
Wer weiß es …
Am 9. November 2007 um 14:49 Uhr
Hallo Herr Wiemkes,
herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Sie haben sich damit scheinbar schon länger befasst. Die ganze Aktion macht auch mich den Eindruck wie: “Wo-können-wir-noch-abkassieren”?
Mich ärgern diese “schleichenden” Kosten, die immer mehr werden.
Am 9. November 2007 um 17:11 Uhr
Einen tollen Link dazu gibt es hier!