Zehn Gründe, warum ich den Onlineshop eingestellt habe (Teil 2)

Wenn Sie ein Buch in einem Onlineshop kaufen, ist das ein „Stückartikel“ und hat nichts mit Gewichtsangaben zu tun. Sie kaufen also ein Buch und noch 1224g Bücher… In einem Onlineshop kann jedoch nur nach „Stück“ verkauft werden und nicht nach Gewicht. Bei einer Dose Mocktutle Suppe ist der Fall klar, aber wenn ich 10 Stück Pinkel anbiete, dann kann es vorkommen, dass diese nicht wie angeboten 1000g wiegen, sondern 1080g! Diese Differenz bekommen wir nicht bezahlt. Verschicke ich weniger, also nur 960g geht das Telefon: „Es fehlen aber 40g Wurst!“
Auch wenn es wie hier nur „80g“ sind – in der Summe ergibt sich schnell ein größerer Fehlbetrag. Heute – ohne Shop – verschicken wir die Wurst nach dem tatsächlichen Gewicht.
Mein sechster Grund: Produkte mit Gewichtsangaben lassen sich nicht grammgenau abschätzen oder verschicken. Ich möchte meine Kunden nicht betrügen, da gebe lieber etwas mehr mit. Die Differenzen summen sich auf.

Es kam oft vor, dass man einen Onlineauftrag in mehren Paketen aufteilen musste (Glaskonserven, Kühlung etc.) Der Kunde kennt jedoch seine Bestellsumme oder hat die Summe vorab bezahlt.  Wenn ich also z.B. 3 Kartons anstatt einem bezahlten Karton verschicken muss, bleiben diese Mehrkosten bei uns. Es gibt zwar Onlineshops, die anhand der Bestellmengen die Paketanzahl erkennen, aber dass ist bei uns nicht möglich gewesen.
Die Kartongröße wurde schon so gewählt, dass wir unterschiedliche Modele für den Versand hatten. Es gibt aber eine Höchstgrenze für den Versand (liegt bei 31kg?) Wir haben aber festgestellt, dass Kartongrößen über 20kg sehr unpfleglich behandelt werden und meistens beschädigt beim Kunden ankommen.
Mein siebter Beweggrund: Die Versandkosten sind nicht fest greifbar und verursachen Mehrkosten.

Wir bekommen sehr oft Anfragen aus dem Ausland wie z.B.: USA, Schweiz, Spanien, Thailand oder Südamerika. Aber auch Österreich war oft als Bestellland dabei. Sie wollen gerne Lebensmittel / Konserven, Grünkohl oder Pinkel geschickt bekommen. Für den Versand in die USA kann ich nur sagen: keine Chance. Für die Schweiz haben wir den Versand wegen der Zollbestimmungen auch eingeschränkt möglich gemacht. (wurde vom Kunden meistens über eine Deutsche Adresse geschickt). Dubai war auch ein sehr beliebtes Kohlpinkelland. Hier ging der Versand über einen Deutschen Händler.
Der Versand nach Asien wurde nicht sehr oft angefragt. Fakt ist, dass wir immer Kunden hatten die es nicht verstanden haben, dass wir nichts in ihr Land verschicken wollen.
Meine achte Überlegung: A. Die Kosten für den europäischen Versand sind sehr hoch liegen oft über dem Wert des Inhalts B. Enttäuschte Neukunden aus dem Ausland.

Ein sehr kleiner Onlineshop lebt in der Regel von einem „Alleinstellungsmerkmal“ – also ein Artikel, den es anderswo nicht oder nicht so gut gibt. Diese Spezialitäten hatten wir mit dem Nagelholz, Mockturtle, der world-wide-wurst und den Grünkohlspezialitäten. Einiges stellen wir immer noch her. Der Versand dieser Leckereien läuft nach wie vor. Die Aufträge kommen über Telefon und per Mail bei uns an.  An einem neunen Zugpferd wird aber noch gearbeitet.
Der Grund Nr.9 – Ein echtes Zugpferd im Onlineshop war nicht mehr da.

Bei meinen Vorträgen spreche ich oft über Onlinehandel und den Shops. Man kann nur selten pauschal eine Empfehlung abgeben, weil jedes Unternehmen und jeder Anbieter eine andere Zielsetzung hat. Wenn ich der Lebensmittelbranche einige Anbieter sehe, die z.T. mit über 30.000 Artikel am Markt sind und diese ständig verfügbar haben, kann ich mit meinen 20 Produkten niemals dagegen halten (will ich auch gar nicht)! Die Logistik hinter so einem Anbieter ist für einen Kleinbetrieb nicht machbar.  Es kam vor, dass ein bestelltes Produkt gerade nicht mehr auf Lager war- Der Kunde hatte z.B. vier Artikel bestellt und eins davon fehlt nun. Für uns gab es zwei Möglichkeiten: Kunde anrufen und abklären was er möchte: Ware in zwei Teilen schicken (auf unsere Kosten) oder warten bis alles wieder auf Lager ist. Beides ist wie: „ein wenig schwanger!“
Kunden die Online etwas bestellen, wollen sofort (!) und möglichst schnell (!) die gewünschte Ware. Wartezeiten sind –wie in einem realen Shop – immer sehr nervig. (für beide Seiten).
Mein 10.Grund, den Shop einzustellen: Nicht immer habe ich alle Produkte sofort greifbar. Wir produzieren in kleinen Mengen. Es kann also vorkommen, dass Wartezeiten entstehen. Es kommt nicht oft vor, aber es passiert hin und wieder. Dieses „Hinhalten“ war mir oft peinlich.

Jetzt werden Sie bestimmt denken. „Warum hast Du nicht schon früher damit aufgehört?“ Wir haben ja nicht aufgehört! Der Versand läuft nach wie vor! Unsere Onlinestammkunden (fast alle!) bestellen jetzt telefonisch, per Mail oder Fax. (Wie bei einem ganz normalen Buffet-Auftrag) Mit der Zeit sind es einige tausend Onlinekunden geworden, die ich immer persönlich und mit viel Freude bediene! Dadurch habe ich fast keine Kunden verloren. Bei Anfragen mailen wir eine Warenliste, aus der unsere Spezialitäten ausgewählt werden können. Die Grünkohl-Fans sind sehr dankbare Kunden und freuen sich immer riesig auf die bestellte Ware.

Meine aufgeführten Beweggründe konnte ich zu einem Großteil ausräumen und abstellen. Der Beitrag dient auch in erster Linie zur Aufklärung, damit meine zahlreichen Internetkunden die Gründe verstehen. Ich komme mit der Schließung keinen Empfehlungen nach, die mir nahe gelegt wurden.
Für die, die mit dem Gedanken spielen das der Onlinehandel das „Heilmittel“ des Einzelhandels ist: Bitte schauen Sie sich in Ihrer Branche und Region genau um. Wer ist hier Marktführer, was wird angeboten und womit kann ich bei meinen Kunden punkten? „Neuland“ betreten bedeutet immer: Echte Pionierarbeit zu leisten die mit viel Herzblut und einen langem Atem ausgestattet sein muss.

6 Reaktionen zu “Zehn Gründe, warum ich den Onlineshop eingestellt habe (Teil 2)”

  1. Heiko Bertelt

    An diesen Gründen sieht man einmal mehr, dass der online-Handel auchgewichtige Schattenseiten hat. Respekt, Ludger, du hast hast alle Gründe für dein Tun sauber dargelegt.

  2. Unklar

    Ich verstehe die Gründe, kann die Entscheidung aber nicht nachvollziehen.

    Auch ohne Shop sind die Gründe 2,4,5,6,7,8,10 weiterhin vorhanden. Nur jetzt mit noch weniger Kunden. Damit verteilen sich die fixen Kosten aus den “Problemen” auf noch weniger Kunde und der Rohgewinn sinkt weiter.

  3. Lena Moor

    Ich kaufe gern bei kleinen Online-Shops ein, genauso wie ich gerne in kleinen Läden einkaufen gehe. Doch in den letzten Jahren scheint die Anzahl der “Kleinen” auch im Internet rapide abzunehmen (oder nur über die Großkonzerne als Dritthändler verkaufen). Dabei sind wahrscheinlich viele, die im Internet-Hype vielleicht kein ausgereiftes Konzept entwickelt haben. Ich glaube aber auch, dass die strengen EU-Vorschriften hier auch einen Beitrag zu leisten. Außerdem ist es mittlerweile sehr schwer, kleine Shops zu finden, da diese bei Google nicht mehr gut zu finden sind….

  4. Unklas

    Den Blog kannste übrigens auch dicht machen. Null Reaktion auf Leserkommentare zeugt von geringem Interesse an Interaktion. “Kunden sind uns wichtig”? Lippenbekenntnisse.

  5. Ludger Freese

    Lieber Unklas,
    wenn ich ein Blog nur wegen der Kommentaranzahl hätte, wäre ich kein Blogger. Die meisten Besucher (ca. 4000–5000 am Tag) lesen nur. Viele Kommentare werden auf Facebook dazu geschrieben. Warum ich blogge möchte ich auch gerne erklären:
    • Es macht mir Spaß
    • Ich liebe die Offenheit, die Transparenz
    • Ich möchte über unseren Beruf aufklären
    • Ich möchte Kunden gewinnen
    • Ich möchte das Ohr am Markt haben
    • Ich möchte Kunden einladen sich einzubringen
    • Ich möchte Rezepte bekannt geben
    • Ich möchte im Gespräch bleiben
    • Ich möchte Anregungen schaffen
    • Ich möchte Sympathien schaffen
    • Ich möchte etwas besser sein
    • Mehr will ich gar nicht….

  6. Unklas

    Jupp.

    Aber Kommunikation *MIT* dem Kunden willst du nicht. Die findet ja auch nicht statt.

    Und deine 4000-5000 Leser kommen wegen der spannenden Artikel. Mann muss nur lange genug dran glauben, dann wird das schon so sein… Voll am Kunden vorbei und wundern, warum das Geschäft den Bach runter geht.

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