Das Tierwohl im Blickfeld der Leitbildbetriebe

Foto: Gruppenaufnahme vor der Metzgerei Dosenbach

Wenn sich Fleischereibetriebe aus Deutschland in Frankreich zu einer Besichtigung treffen, dann muss hier etwas Besonderes geboten werden. Der “Deutsche Fleischerverband” hat zu einem Treffen der „Leitbildbetriebe“ eingeladen. Wir gehören mit unserem Betrieb dieser Gruppe an und ich bin daher dieser Einladung gefolgt.
Die Leitbildbetriebe werden von der „Schweisfurth-Stiftung“ unter der Leitung von Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald begleitet. Prof. Dr. Gottwald genießt bundesweit einen einmaligen Ruf in Fragen der Nachhaltigkeit und Ethik für die gesamte Agrar- und Ernährungswirtschaft. Unser Treffen stand unter dem Top-Thema: Tierwohl. Hier hat das Fleischerhandwerk schon immer die Nähe zum Landwirt und zum Verbraucher gesucht. Durch die Industrialisierung der Landwirtschaft entfernt man sich jedoch immer mehr vom Verbraucher. Die Politik macht gesellschaftlich Stimmung auf die Produzenten – der Druck im Kessel steigt auf allen Seiten! Auf die berechtigten Fragen der Verbraucher müssen wir Antworten finden und diese auch kommunizieren.
Foto: Blick in den Stall mit Küken

Mit dieser Richtung war das Treffen in Frankreich angelegt. Dazu wurde uns der Betrieb Bruno Siebert S.A. im Elsass vorgestellt. Der Betrieb Siebert hat eine ganze Reihe von Qualitätskontrollen eingeführt, die gewährleisten, dass hier Tierwohl, Landwirtschaft, Geflügelschlachthof und Verbraucherwünsche wie Kettenglieder zusammen gehören. Dazu wurden verschiedene Höfe besichtigt. Der erste Hof war ein konventioneller Landwirt. In dem Stall (ca.30.000 Tiere) wurde sehr viel Wert auf Lüftung und dem Wohlbefinden der Tiere gelegt. Antibiotika kommen hier nicht zum Einsatz. Die Tiere werden über 50 Tage gemästet (Deutschland: 29 -  31 Tage). Der Landwirt konnte uns alle Fragen sehr gut erklären.
Foto: Diese Hähnchen laufen im Freiland

Der zweite Betrieb zeigte eine andere Haltungsform. Die Tiere haben einen Freilauf nach draußen und werden über 85 Tage gehalten. In kleinen Einheiten (4000 Tiere) werden die Hähnchen gehalten. Das Futter hat einen sehr hohen Getreideanteil und wird überwiegend aus der Region zusammengestellt.
Foto: Diese Aufnahmen zeigen den Biobetrieb

Im dritten Betrieb, wurde uns ein Bio-Landwirt und dessen Philosophie sehr umfangreich erklärt. Bei dem Betrieb werden in extrem kleinen Ställen die Hähnchen gehalten. Sie bekommen natürlich keine Medikamente. Sie werden auch über 80 Tage gemästet und bekommen ausschließlich hochwertiges Getreidefutter aus biologischem Anbau. Die Tiere können selbstständig wählen, ob sie im Stall oder im Freigehege laufen möchten. Die Sorgfalt und die Erfahrung des Züchters mit den Tieren sind sehr beeindruckend. Sie begegnen den Tieren mit viel Respekt und haben nur dessen Wohl im Blickfeld.
In der anschließenden Diskussionsrunde erläuterte Prof. Dr. Gottwald seine Einschätzungen für die zukünftige Entwicklung zum Thema Tierwohl und Verbraucherwünsche. Beim Abendessen gab es für mich sehr wertvolle Gespräche mit Kollegen/innen aus dem Kreis. Dieser Teil der Veranstaltung ist für mich immer sehr wichtig, weil hier Ehrlichkeit, Offenheit und Erfahrungen ein harmonisches Miteinander bringt.

Foto: Blick in den Verkaufsraum der Metzgerei Dosenbach

Am Folgetag wurde die Metzgerei des Gastgebers besichtigt. Die Familie Dosenbach hat ihren Betrieb in Bad Bellingen-Rheinweiler – im Ländereck Frankreich / Schweiz / Deutschland. Hier wird das Fleischerhandwerk in höchster Vollendung gelebt! Das spürt man sofort – von der Präsentation im Ladengeschäft, bei den hochwertigen Lebensmitteln bis zur Harmonie im Betrieb. Ich habe selten eine Fleischerei gesehen, wo so emsig gearbeitet wird. Hier „brennt die Luft“ für Qualität, Kundenzufriedenheit, Frische, Sachverstand und Harmonie. Ich kann hier nur meine höchste Anerkennung aussprechen.

Foto: Fachmännischer Blick in die Räucherkammer mit Schwarzwälder Schinken

Spezialitäten aus dem Schwarzwald werden hier vor allem mit dem geräucherten Schinken gelebt. Ein Großteil der Produktion befasst sich mit der Belieferung von den Filialen und Supermarktketten im weiteren Umkreis. Zahlreiche nationale und internationale Prämierungen zeigen dem Kunden, mit welcher Güte hier handwerklich und weitsichtig gearbeitet wird. Manfred Dosenbach hat den Betrieb schon teilweise an seine Söhne Patric und Christoph abgeben. Auch hier zeigt das Unternehmerehepaar eine vorbildliche Leistung. Erwähnen möchte ich noch die hohe Bereitschaft zur Schulungen bei den Mitarbeitern. In jedem Monat gibt es zwei interne Schulungen, die in einem Jahresplan zusammengestellt werden. Weiter werden Termine für die Weiterbildung angeboten (z.B. Blitzentspannung für den Arbeitsalltag) und auch gemeinsame kostenlose Besuche im Fitnessstudio (bei dem fast alle mitmachen).

Natürlich wurde auch kräftig probiert und diskutiert, wie es sich in einem solchen Kreis gehört. Eine ausgiebige Diskussionsrunde zu fachlichen und internen Themen beendete den Tag.
Für mich war die Reise zur Leitbildgruppe mal wieder sehr ergiebig. Ich habe viele neue Eindrücke bekommen und bin wieder neu motiviert. Für meine Kollegen vor Ort und für unseren Betrieb konnte ich wertvolle Erkenntnisse gewinnen und werde diese auch angehen.
Fragen zum Beitrag: Wie stehen Sie zum Thema Tierwohl? Beeinflusst das Wohlergehen der Tiere Ihren Fleischeinkauf? Wie wichtig ist Ihnen der harmonische und wertschätzende Umgang in der Schöpfungskette des Fleisches? Hängt auch ihr Lebensmitteleinkauf ab? (auch im Bezug auf Mitarbeiter, Leiharbeiter, Lohn…)

Weiter Bilder:

Foto: Start links oben: Manfred Dosenbach, Frau Dosenbach, Prof.Dr. Gottwald, Manfred Dosenbach

Danke an alle, die das Treffen geplant und organisiert haben.

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