Zigeunerschnitzel ade?

Foto: So wir es kennen und schätzen: Schnitzel Zigeuner-Art

Es gibt Begriffe bei Gerichten, die niemals der tatsächlichen Herkunft entspricht. Begriffe wie „Negerkuss“, „Judenfilet“, „Kinderwurst“ („Kinderteller“) sind alles bekannte Namen, mit denen wir ein Gericht in Verbindung bringen und die es eigentlich nicht gibt.
Die Stadt Hannover verbannt nun alle „Zigeunerschnitzel“ aus deren Kantinen. Sie kommen damit eine Gruppe Sinti und Roma nach, die gegen den Namen für diese Schnitzelart sind. „Solche Begriffe sind Antiziganismus pur“, so eine Sprecherin der Gruppe. Wir werden sich Produzenten von „Zigeunersauce“ verhalten? Werden Sie den Namen ihrer Traditionssaucen ändern, um hier nicht rassistisch anzuecken? Ich persönlich kann gut mit einem anderen Namen leben wie z.B. „Schnitzel Ungarischer-Art“ oder „Pusta-Schnitzel“.
Ich weiß aber auch wie es ist, wenn Kunden ihr geschätztes „Zigeuner Schnitzel“ bestellen. In unserer aktuellen Speisenkarten verwenden wir den Begriff: „Schnitzel Zigeuner-Art“ – aber vermutlich wird das in Zukunft einer anderen Bezeichnung weichen müssen. Es wird aber Jahre dauern, bis ziganistische Begriffe aus unserem Sprachgebrauch schwinden.

Der Begriff „Zigeuner“ kann durchaus auch positiv behaftet sein, wie in der Musik von Johann Strauss: Zigeunerbaron, Zigeunermusik, Zigeunerleben…

Es ist wie so oft in unserer Gesellschaft, wenn eine Begrifflichkeit von einer Gruppe angeprangert wird. Müssen wir vielleicht schon bald einen neunen Namen für den „Dresdener-Stollen“, „Berliner“ oder „Amerikaner“ finden? Nicht jeder Dresdener möchte mit einem Stollen in Verbindung gebracht werden.

Wie sehen Sie die Diskussionen über Begrifflichkeiten bestimmter Lebensmittel?  Müssen wir uns anpassen oder machen wir uns unnötige Sorgen?

6 Reaktionen zu “Zigeunerschnitzel ade?”

  1. Foodfreak

    ich sehe das durchaus zwiespältig. Um mal im Bild zu bleiben; natürlich möchte nicht jeder Dresdner mir einem Stollen in Verbindung gebracht werden, aber er betrachtet sich doch wohl als Dresdener? Der Begriff Zigeuner hat (leider) europaweit negative Konnotationen in Richtung “umherziehendes Gesindel ohne Arbeit und Heimat”, als Bezeichnung für eine sehr heterogene Gruppe von Menschen aus verschiedenen Nationen, die sich selbst NIE als Zigeuner bezeichnet haben, und die aus historischen und kulturellen Gründen (nicht erst) seit Hitlers Zeiten verfolgt und als minderwertig angesehen werden, Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass diese Menschen gegen die abschätzig gemeinte Bezeichnung Einwände haben.
    Die andere Seite ist das Zigeunerschnitzel. Ob das nun Balkanschnitzel oder Paprikaschnitzel heisst ist mir persönlich wurscht, aber es ist Teil einer kulinarischen Historie, die sich nicht einfach tilgen lässt.

  2. Dieter Haskamp

    Da wird etwas ziemlich hochgekocht. Die gesprochene Sprache ist ein lebendiger Ausdruck der Zeit in der sie gesprochen wird und wandelt sich, so wie wir uns wandeln.
    Die sprachliche Entwicklung künstlich in Bahnen zu lenken passt prima zur deutschen Reglementierungswut aber nicht zum dem was Sprache ist, nämlich etwas lebendiges.
    Wer spricht heute noch vom Abort, Privet oder Valant? Die Begriffe hab ich einem Eintrag bei Wikipedia entnommen, dort wird auch über die Bedeutung der Begriffe aufgeklärt. http://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus

  3. krassdaniel

    Und was wird dadurch besser, dass man es umbenennt? Nur getroffene Hunde bellen. In der Sache ändert sich an Vorbehalten/Vorurteilen gegenüber Volksgruppen doch nichts, nur weil man ein Schnitzel umbenennt. Gedanken kann man eh nicht verbieten – dann sollte man es auch gleich wegen Unwirksamkeit sein lassen.

    Viel wichtiger ist doch die Reflexion des Namens und Aufklärung über die Hintergründe, damit sich entsprechendes Gedankengut erst gar nicht entwickelt. Politic Correctness ist Sprachvergewaltigung ohne Sinn und Zweck, Gutmenschentum-Zensur ohne Wirkung.

  4. plasmajobber

    … entschuldige bitte vielmals Ludger, die Bezeichnungen Fischteller “Freese” oder “Freese”-Grünkohl-Pinkel darf ich natürlich auch nicht mehr verwenden, obwohl das eine wahrhaftige Wertschätzung transportiert …

    gruß, p.

  5. Michael

    Mit kritischem, tierschutzbewusstem Blick möchte ich mal auf die unangemessene Ehrung hinweisen, die ein Beruf mit langer, blutiger Tradition durch das “Jägerschnitzel” erfährt, und hier um eine friedlichere Namensgebung bitten. “Waldfee-Schnitzel” zum Beispiel, nur ma so als Anregung :)

  6. Marco

    Warum wollen denn Sinti und Roma das Wort Zigeunerschnitzel abschaffen? Haben die da Markenrechte drauf? Zigeuner ist keine Menschenrasse / Gruppe sondern ein anderes Wort / Übersetzung für Nomaden, also eine Lebensart. Meiner Meinung nach Spinnen manche Menschen sich viel Schwachsinn zurecht, nur um wieder mal in die Medien zu kommen und Probleme zu machen wo keine sind. Bis Heute habe ich persönlich die Volksgruppe Sinti und Roma nie negative mit dem Wort Zigeuner(schnitzel) in Verbindung gebracht, sondern eher darum beneidet sich nicht allen Regeln unterzuordnen und etwas mehr Freiheit als andere. Vielleicht bereiten da Einzelne auch nur eine Schadensersatzklage gegen die Soßen-Industrie und Restaurantketten vor um sich mal Gesundzustoßen.

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