Schildläuse zur Färbung von Salami.

Foto: Salami – Hauptsache schön rot.

Ich möchte heute ein sehr „heikles“ Thema ansprechen, dass Färben von Lebensmitteln. Ich kann darüber deshalb so offen sprechen, weil wir keine Lebensmittel färben.
Warum wird gefärbt? Der Verbraucher nimmt die Lebensmittel zunächst optisch wahr. Vom Aussehen der Ware hängt es ab, ob die Ware spontan gekauft wird, oder ob sie liegen bleibt. Für den Konsument bedeutet eine leuchtende Farbe Qualität und Frische. Das Auge „isst also mit“.
Eine Färbung ist erforderlich, wenn es durch die Verarbeitung zu Farbverlusten kommt, wenn eine gleichmäßige Farbe gewünscht ist, wenn es die Marke (Farbe der Ware) erfordert oder wenn etwas Helles (zu fett, helles Fleisch), z.B. rötlicher erscheinen soll.
So wird in der Fleischbranche oft der Naturfarbstoff Cochenille eingesetzt. Dieser Farbstoff, der auch die rote Farbe des Campari hervorruft, wird aus Schildläusen ( Dactylopius coccus) hergestellt. Die getrockneten Schildläuse ( 1 kg für 50g Pulver) werden gerne in der spanischen Chorizo-Wurst, Lachsersatz, Getränke, Brausen, Süßwaren, Fruchtgelees, Konfitüren, Marmeladen Käseüberzug und Dragees verwendet.
Kaminrot (Cochenillenrot) trägt die E-Nummer  E 120 und ist für die Lebensmittel und Kosmetikfärbung zugelassen.

Warum berichte ich nun über die „kosmetische Behandlung“ von Lebensmitteln?
Fachleute wissen, dass eine billig hergestellte Salami eine helle Farbe hat. Qualitätsware dagegen wird mit Rindfleisch (dunkel), magerem Schweinefleisch von älteren Schweinen (dunkel rosa) und wenig Fett hergestellt. Gut gereift, braucht eine solche Ware nicht gefärbt zu werden. Die billig hergestellte Ware würde also im Kühlregal nicht gekauft werden. Es wird also mit etwas Färbung dem Verbraucher eine magere Wurst „vorgetäuscht“. Wenn ich „vorgetäuscht“  mit Füßchen versehe, dann deshalb, weil der Kunde auf der Verpackung lesen kann: E120. Viele wissen nur nicht, dass er mit E120 Schildläuse kauft. Ich halte das einfach für eine Art Verbrauchertäuschung und lehne solche „Halbwahrheiten“ strickt ab.

Wir alle urteilen und beachten vieles nur nach dem Aussehen. (Erster Eindruck) Das ist bei der Partnersuche zu beobachten, bei der Kleidung, bei Gebrauchsgütern und auch Lebensmitteln. Die wirklichen inneren Werte werden nicht gesehen. (…oder wollen nicht gesehen werden.)
Warum lassen wir uns von Äußerlichkeiten so blenden?
Warum  werden Naturprodukte so verfälscht?
 

8 Reaktionen zu “Schildläuse zur Färbung von Salami.”

  1. Thomas Günther

    Hallo,
    also so ganz einfach ist es mit den Äußerlichkeiten nicht. Dann bräuchte man ja auch keine Wurstplatten dekorieren. Es handelt sich bei Lebensmitteln eben nicht nur um Dinge die bestimmte Eigenschaften der Ernährung haben, sondern auch um Dinge die etwas mit Genuss zu tun haben (sollen). Daher ist das Färben grundsätzlich auch OK. Und bei der Wurst erhöht das E120 den Anteil der tierischen Bestandteile. Das die Würste einen besseren optischen Eindruck machen, als sie sind ist sicherlich bedenklich. Aber dafür gibt es ja die Kennzeichnungspflicht. Fehlt nur noch der Verbraucher, der mit solchen Informationen was anfangen kann. Mehr Aufklärung bei den Konsumenten zu schaffen, ist ja Thema in Blogs.

    Ich denke, dass die Sache mit den E-Nummern für viele Verbraucher etwas verwirrend ist. Da glauben viele, es handelt sich dabei um reine Chemieprodukte. Das ist aber nicht so. In meinem Blog habe ich mich mit Molekularen Cocktails auseinandergesetzt und fand erstaunlich wie viele dieser E-Nummern Naturprodukte sind, die auch für Bio-Lebensmittel zulässig sind.
    http://weinverkostungen.de/molekularcocktails-kaviar-verkapselungen/

  2. Michael

    “Warum lassen wir uns von Äußerlichkeiten so blenden?
    Warum werden Naturprodukte so verfälscht?”
    fragst Du.
    Gute Frage, meinst Du damit auch unsere Liebsten, die auch schon mal mit Farbe nachhelfen? Aber das ist ja eine ganz andere Geschichte, oder?;-)

  3. URS

    Schildläuse werden schon seit ewigen Zeiten zum Färben benutzt und offensichtlich harmlos, ähnlich wie das damals teure Blau.
    Es gibt (günstigere) Ersatzstoffe wie E 124, aber da das künstlich hergestellt wird, kennt man die Langzeitwirkung natürlich noch nicht und wird sie wahrscheinlich nie erfahren. Da habe ich lieber E 120 (Karminrot aus der Schildlaus) im Essen.
    Ich gebe Ludger allerdings recht, daß man im Supermarkt an den unmöglichsten Stellen Farbstoffe findet — Rot bei Fleisch, Gelb bei Milchprodukten und alle möglichen Farben bei Getränken. Warum? Keine Ahnung. Man ist halt von der Industrie so erzogen.

    @Thomas: Danke für den Hinweis auf Deine Webseite. Es gibt schon seltsame Dinge…

  4. Doc Sarah Schons

    Nu, was soll ich jetzt anderes tun, als nochmal auf den Codex Alimentarius aufmerksam machen…

    Die “E-Nummern”-Listen geb ich in meiner Praxis übrigens seit Jahren mit gründlicher Erklärung an meine Patienten weiter – eben damit sie sich zurecht finden…

  5. Jowo of Avalon (Doc Blog Dog)

    Gipps auchwas wasich mit meinen Zecken machenkann füa Bio-Faabe?!

  6. Achi of Avalon (Doc Blog Dog)

    Nennen wir sie doch Schilda-Läuse ;-)

  7. Karsten

    Die Färberei passiert doch nur, weil der Verbracuher – also wir – es so wollen. Alles muss möglichst billig sein und dazu noch gut aussehen.

    Sind die Läuse nicht auch in Campari drin. Also E-Nummern finde ich auch verwirrend. Was sich da manchmal dahinter verbirgt. Obwohl die 120 ist ja wohl ein Naturprodukt. ;-)

    Ich glaube, ich schreibe auch mal was zu E-Nummern.

  8. Ludger

    Eine gute Idee, Karsten.
    Die Verbraucher denken bei vielen E-Nummern immer noch an Gift. (E605)
    Die Kennzeichnungswut der Behörden führt selbst in Fachkreisen dazu, das kaum noch einer den richtigen Durchblick hat.
    Wie soll da der Kunde/Verbraucher den Ãœberblick behalten?

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