So entsteht eine Zeitung – mein Tag als Redakteur


„Werden bei der Firma Gauspohl nur Rinder oder auch Schweine geschlachtet?“ – eines der ersten Fragen in der Morgenkonferenz bei der Oldenburgischen Volkszeitung war sogar für mich eine fachliche Frage. Der Fleischkonzern Tönnies beabsichtigt die Firma Gausepohl mit den Schlachthöfen in Bakum und Dissen zu übernehmen. Ich sitze am heutigen Mittwoch (12.11.14) als Leserbeirat in der Konferenz bei den Zeitungsmachern. „Leserbeirat macht Zeitung“ heißt es für uns heute. Diese Idee ist in einer vorherigen Sitzung entstanden. Wie werden aus Meldungen Schlagzeilen? Welche Arbeit steckt in einer Lokalzeitung? Wer hat welche Aufgaben? Wie lange dauert das Zusammentragen der Meldungen? Eine unglaublich spannende Aufgabe liegt vor uns.
Die 24-köpfige Redaktion (inkl. Reporter und Volontäre) ist unglaublich motiviert und arbeitet sehr strukturiert. Das fällt mir selbst als Leihe sofort auf.

Ich möchte hier meine Eindrücke schildern.
Um 9 Uhr begann mein Tag als Journalist – quasi mitten in der Nacht :-) . Gottlob war es ein Frühstück und unser Arbeitstag wurde vom Redaktionsleiter Ulrich Suffner erklärt. Gegen 10 Uhr war dann die Morgenkonferenz mit allen meinen „neuen“ Arbeitskollegen. Manöverkritik zur Vortagsausgabe und aktuelle Themen wurden für die einzelnen „Bücher“ der Zeitung besprochen. Es wurde schnell klar, dass die Redaktion „Nordkreis Vechta“ einen vollen Themenrucksack bekommt. Die Übernahme von Tönnies und unsere Themen, die im Vorfeld schon standen, bedeuten einen kurzweiligen Tag.

Ich war mit Reporter Lars Chowanietz als Team eingesetzt. Wir begannen sofort mit der Recherchearbeit wegen des Schlachthofes, der im Nordkreis Vechta liegt. Die Pressestellen der jeweiligen Firmen gaben schnelle und umfangreiche Auskunft. Es lief gut für uns. Aus der Redaktion kam die Frage: „Titelseite und Innenblatt oder nur Titelseite?“ Es wurde heftig diskutiert. Der Platz auf der Titelseite war wegen anderer wichtigen lokalen Ereignisse sehr begrenzt. Am Newsdesk wurden erste Schlagzeilen eingegeben, verschoben, geändert und wieder neu bearbeitet. „Wann hast du den Text fertig?“ Der Druck begann.

Die anderen Teilnehmer aus dem Leserkreis hatten auch Aufgaben zugeteilt bekommen. Die Themen der Ausgabe konnten wir selber bestimmen. Also waren einige im Außendienst mit Reportern und andere im Innendienst mit Nachrichten beschäftigt.

Um 12 Uhr wurde pünktlich mit der Mittagskonferenz begonnen. Die neue Ausgabe wächst. Doch viele Themen waren noch ohne Inhalte, weil Reporter noch nicht erreichbar sind. Die ganze Zeitung wurde Seite für Seite besprochen. Fest stand schon, dass letzte Neuigkeiten erst gen 20 Uhr eintreffen. Ullrich Suffner zeigt sich sehr souverän und bleibt ruhig dabei. Er hat alles im Blick. Die Redaktion strömt wieder an ihre Arbeitsplätze. Hektische Telefongespräche, quer durchs Büro gerufene Anweisungen und konzentriertes Bildschirmarbeiten sind hier Alltag. „Wer von Euch schreibt einen Kommentar?“ Aus dem Leserbeirat gibt es drei kritische Berichte….gut so. Ich könnte in der Hektik nichts Gescheites schreiben!

13 Uhr Mittagessen im Restaurant – wir haben 40 Minuten Zeit, meine Arbeitskollegen müssen durcharbeiten. Um 14 Uhr habe ich einen Außentermin mit Lars Chowanietz im Visbeker Rathaus. Wir besprechen mit Karl-Josef Klossok die weiteren Pläne der Dorferneuerung. Der Bauamtsleiter war sehr gut vorbereitet und gab uns viele Informationen, Zeichnungen und Erklärungen. Uns drückte die Zeit, denn dieser Bericht musste noch in Vechta geschrieben werden und um 16:45 Uhr hatten wir einen weiteren Termin in Visbek bei der Klink St.Vitus Stift. Auf dem Rückweg wurde noch einmal die Schlachthofübernahme besprochen, denn die Gausepohl-Chefin Yvonne Gausepohl hatte zwischendurch angerufen…

Zurück in der Redaktion spürt man, dass sich die Nachrichten für die neue Ausgabe verdichten. „Wer von Euch macht die Kulturseite?“ Nach einem kurzen Blick in die Runde gehe mit an den Newsdesk und wähle Kulturelles von der DPA aus. Dazu Bilder, Texte und Kurznachrichten. Lars muss wieder los nach Visbek. Ich kann leider nicht mitfahren, weil Fototermine und die Bilderauswahl wichtig sind. Es wurden dann viele Bilder ausgewählt, Kommentare gelesen, bewertet und Texte korrigiert.

Ab 18 Uhr soll an der “Wand” die neue Zeitung gesichtet werden. Mit Korrekturstiften wurden unverständliche Passagen gezeichnet. Jeder in der Redaktion weiß was zu machen ist und holt sich die Blätter an seinen Arbeitsplatz…die Zeit hängt etwas. Für mich verständlich, weil der 10-köpfige Leserbeirat (drei waren verhindert) Unruhe in den normalen Tagesablauf bringt.

Nach der letzten Besprechung zur neuen Ausgabe, gab es eine neue Leserbeiratssitzung. Es wurde reflektiert und jeder konnte seine Eindrücke vom Tag schildern. „Wie war die Resonanz auf den Facebook-Seiten zu der Aktion?“, wollte Ulrich Suffner von Anja Muhle und Davi-Gabriel Borchert wissen. Die Resonanz war gut…etwa 8000 Leser haben das Geschehen verfolgt.

Um 19:15 Uhr hatte wir Feierabend. In der Redaktion wurde noch fleißig gearbeitet. Die neue Ausgabe musste noch verfeinert und ergänzt werden. Erst nach 22 Uhr gibt Redaktionsleiter Suffner grünes Licht zum Druck. Ich habe mächtig Respekt über die Arbeit einer Zeitungsredaktion bekommen. Das ist sehr harte und anstrengende Arbeit. Mir ist aber aufgefallen, die alle im Team mit viel Leidenschaft an „ihrer“ Zeitung arbeiten. Sie sehen den Menschen hinter einer Schlagzeile und möchten immer das aktuelle lokale Geschehen objektiv berichten. Diese Aufgabe machen alle im Team der “OV” sehr gut!  Großen Kompliment!
Danke für diesen Tag bei Euch.
Am Abend war ich erschöpft wie nach einem 600-Personen Buffet. Ich bleibe aber lieber in der Küche und mache hier meine Meldungen. Ab jetzt freue ich mich jeden Morgen noch mehr auf die Printausgabe der OV, denn ich kenne die Abläufe jeder Seite.

Eine Reaktion zu “So entsteht eine Zeitung – mein Tag als Redakteur”

  1. Eugen Schneider

    Sehr geehrtes Freese-Team,

    vielen Dank für diesen wirklich sehr interessant Artikel. Es hat sehr viel Spaß gemacht ihn zu lesen! :-)

    VG, Eugen Schneider

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