Das Ehrenamt

Hier in Visbek arbeite ich u.a. im Vorstand des örtlichen Handels – und Gewerbevereins (HGV) als Vorsitzender mit. Die Arbeit hat mir über Jahre Spass gemacht, weil wir eine große Gemeinschaft mit fast 150 Betrieben sind und weil wir den Ort nach vorne bringen wollen. Wir haben viele Aktionen durchgeführt, die immer mit Veränderungen zu tun hatten. Alte Zöpfe wurden abgeschnitten und es wurde Neuland betreten. Wir konnten die Mitglieder begeistern und mitziehen. Mit den Vorstandskollegen kam man glänzend aus – alles perfekt.
 
In jüngster Zeit kippte aber die Stimmung. Die Betriebsinhaber ( meine persönliche Empfindung) wurden immer unzufriedener, keiner wollte mehr Aufgaben und Verantwortung übernehmen und immer mehr Arbeit kam bei uns an. Eine Gemeinschaft funktioniert aber nur, wenn alle mitziehen. Die Vereinsarbeit wurde zunehmend zur Qual, von Spass war schon lange keine Rede mehr. Meine knappe Freizeit kam bei Null an. (zum „Wohle“ der Kaufmannschaft)

Am letzten Sonntag (1.Advent) haben wir einen verkaufsoffenen Sonntag geplant. Es gab unzählige Vorbesprechungen für diese Aktion. In Niedersachsen ist es nicht erlaubt, an einem Adventssonntag zu verkaufen.  Das war uns bekannt. Dennoch wollten wir kurz vor Weihnachten eine Aktion starten. Da es sehr viele Proteste von anderen Gemeinden gab, mussten wir kurzfristig vom „Verkaufssonntag“ einen „Schausonntag“ machen. Es durfte unter Androhung von Strafen nicht verkauft werden. Am Sonntag hatten nur vereinzelte Geschäfte geöffnet. Wir alle haben uns kräftig blamiert.

Die Stimmung in der Verkaufsmannschaft war sehr gereizt. Als Vorsitzender bekommt man gerne die „Nackenschläge“ die ich auch gerne einstecke. Die Angriffe wurden aber persönlich geführt und sind letztendlich geschäftsschädigend für unseren Betrieb.
Wie in einer Fußballmannschaft ist immer der Trainer schuld, wenn es nicht läuft. Ich habe jetzt die Konsequenz gezogen und werde mich im März nicht der Wiederwahl im HGV Visbek stellen.
Ich fühle mich nun richtig befreit und möchte meine gewonnene Feizeit sinnvoller nutzen.

Keine Reaktion zu “Das Ehrenamt”

  1. Hans-Gerd Staschewski

    Lieber Ludger,
    Du beschreibst eine Erfahrung, die schon einige von uns gemacht haben. Gelernt habe ich unter anderem, dass ich nichts für!!!!!!!!! andere Menschen tun kann. Ich kann allerdings viel mit!!!!!!!!! anderen Menschen gestalten. Suchen wir uns also die, mit denen wir etwas positiv gestalten.
    P.S.
    Ich gestalte seit dem etwas mehr mit meiner Frau zusammen. Z.B. heute Abend eine gemeinsame Aktion zum Thema Nikolaus.

  2. URS

    Oh.

    Das Ehrenamt wird heutzutage nicht mehr richtig gewürdigt, das bekomme ich auch in unserer Kirchengemeinde mit. Kaum Lob, aber genug Gemecker. Da hilft nur ein starkes Rückgrat und das Wissen, dass man selber alles richtig macht — im Rahmen seiner Möglichkeiten.

    Wie heisst es so schön? “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.” Wie dich selbst, nicht mehr als dich selbst.

    Ludger, wenn es halt nicht mehr ging, war das eine gute und mutige Entscheidung. Sich nicht mehr zur Wahl zu stellen ist ausserdem besser als eine sofortige “Kündigung”. Ich wünsche Ihnen ein schönes mehr an Freizeit.

  3. Jörg

    Luger, ich kenne sehr ähnliche Probleme aus unserem eigenen Wirtschaftsverein.
    Wir habe zwar nur ein Viertel Eurer Mitglieder, der Frust ist deswegen oft aber genauso groß. Als Vorstand reißen wir uns den … auf, und zu den Veranstaltungen kommen dann nur sehr wenige.
    Ich selbst bin z.Zt. auch schwer am Grübeln ob ich mich im März zur Wiederwahl stelle. Ich könnte mit meiner Zeit auch was anderes anfangen ;-)

  4. Michael

    Das alte Leiden, Ämter wollen alle gerne, Aufgaben nicht. Nach Deiner Schilderung ist Dein Handeln konsequent. URS stimme ich zu, den Bettel hinwerfen, ist der falsche Weg, sondern sich mit Anstand nicht mehr zur Wahl stellen.
    Schade, so ein Verein, hätte viel bewegen können, aber ein Verein ist leider nur selten ein Team.

  5. Ludger

    @Alle,
    ich danke Euch. Scheinbar ist es in vielen Vereinen ähnlich. Das menschliche sollte nicht verloren gehen.

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